„Niemand wollte über das Erlebte reden.“ erzählte Miriam Klingenberg Cohn, die 1947 in Caracas in Venezuela geboren wurde. Für ihre Großmutter, ihre Mutter und ihre Tante wurden am 7. Juni 2023 drei Stolpersteine vom Künstler Gunter Demnig verlegt. Die Luchtenstraße 22, der zuletzt gewählte Wohnort der drei Frauen, war eine von insgesamt vier Verlegungsstellen in Lippstadt. Weitere Steine würden für Margarethe, Erna, Paul, Ruth und Walter Sostheim (Wiedenbrücker Str. 14) sowie für die beiden Schwestern Toni und Elfriede Sostheim (Klusetor 31) und für Iwan und Helene Hammerschlag (Lange Str. 63) verlegt.
Im Vorfeld der Verlegung stand eine einjährige, intensive Recherche zu den ganz persönlichen Schicksalen dieser Lippstädter Familien an, die zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Für die Familie Cohn entstand eine Projektgruppe aus interessierten Schülerinnen und Schülern am EG. Unter der Leitung von Frau Tietze-Feldkamp wurden so die Geschichten um die Jüdinnen Antonie (genannt Toni), Ilse und Edith Cohn erarbeitet. Sie alle flohen 1939 vor dem nationalsozialistischen Regime, wanderten nach Venezuela und Chile aus und überlebten den Holocaust.
Miriam Klingenberg Cohn durften wir als Projektgruppe im April 2022 persönlich kennenlernen und haben schnell gemerkt, dass ihr die Stolpersteine für ihre Familie sehr am Herzen liegen. 2018 kam sie aufgrund der politischen Lage in Venezuela nach Lippstadt. Im März 2023 ist sie zu ihrem Bruder nach Nebraska gezogen. Dank zahlreicher Dokumente von ihr und der Unterstützung des Stadtarchivs hörten die Anwesenden der Stolpersteinverlegung gespannt den Vorträgen über das Leben der drei Frauen. Töne einer Klarinette rundeten die Verlegung würdevoll ab.
Die 12 Gedenksteine ermöglichen nun die Erinnerung an drei jüdische Lippstädter Familien wachzuhalten - darunter Toni, Edith und Ilse Cohn - und „mit dem Herzen“ über sie und ihre Schicksale zu stolpern.
Judith Thamm
